300-km-Zielrück nach Landeck

Der Klassiker aus den Anfangszeiten, landschaftlich schön, navigatorisch einfach und als Zielrück ein Stückchen prestigeträchtiger als jedes flache Dreieck oder gar Vieleck. Die größte Hürde bei dieser Strecke liegt gleich am Anfang: die Querung des Inntals. Heutzutage ist es üblich, das Tal nördlich von Kufstein relativ tief zu queren und eine Kette vom Tal nach Norden versetzt Richtung Westen vorzufliegen. Das würden wir Einsteigern allerdings nicht unbedingt empfehlen. Die zweite und scheinbar naheliegende Möglichkeit ist die Querung des Inntals an der relativ schmalen Stelle direkt vom Zahmen oder Wilden Kaiser zum Pendling herüber. Der Pendling ist der niedrige, langgezogene Höhenrücken, der das Inntal an seiner Nordseite von Kufstein bis zum Rofan begrenzt. Manchmal funktioniert diese Variante, aber oft ist der Pendling vom Inntal-Talwind von Norden her überströmt und der erste gute Bart steht erst am Rofan. Der Pendling gilt daher nicht ganz zu Unrecht als „Preussenfalle“ und die geschäftstüchtigen Österreicher haben folgerichtig direkt unterhalb einen freundlichen Flugplatz eingerichtet, der gerne F-Schlepps zu den marktüblichen Preisen verkauft.

Wir beschreiben im folgenden die dritte, uralte und etwas umständliche Variante über Kaiser, Hohe Salve, Zillertal und Kellerjoch, die eigentlich für die Gleitleistung von Flugzeugen wie Spatz und Ka 8 erflogen wurde, aber heute noch den Vorteil hat, recht zuverlässig zu sein.

Wer sich schon etwas mehr zutraut, der kann auch nach den oben beschriebenen Standardstrecken von Unterwössen aus zunächst zur Schmittenhöhe fliegen, dann das Pinzgau bis zum Kreuzjoch und von da aus zum Kellerjoch queren. Ab dort geht es wie unten beschrieben weiter. Der Haken über die Schmittenhöhe ist zwar ein Umweg, aber einer, der Wertungskilometer bringt: insgesamt wird die Strecke dann um die 70 wertbare Kilometer länger.

 

Abflug nach Südwesten

Nach dem Ausklinken am Rechenberg oder (auf Wunsch hin) auch an der Hochplatte geht es als erstes zum Wilden Kaiser – je nach Wetteroptik und Vorlieben entweder über Hochplatte, Geigelstein und Zahmen Kaiser oder über Raue Nadel, Unterberghorn und Stripsenjoch. Kommt man von dort aus nicht über die Grate des Wilden Kaiser auf dessen Südseite, dann muss man eben den kleinen Haken um die Ostecke herum schlagen und die Südseite konsequent entlang gleiten bis zum Gaudeamusbart, der einen zuverlässig wieder in die Höhe beamt.

Absaufer:

Im Bereich zwischen Unterberghorn, Stripsenjoch und Klobenstein sollte man sinnvollerweise so mit der Höhe haushalten, dass der Rückflug ins Unterwössener Tal durch den Klobenstein gesichert ist – einfach, um über den Haushang oder zur Not über einen zweiten F-Schlepp die Chance zu wahren, den Tag doch noch zu nutzen. Wird der Durchflug durch die Schlucht aber knapp, dann ist es wesentlich sicherer und vernünftiger, auf der großen Kössener Wiese (siehe www.aussenlandefelder.org) zu landen.

Vom Zahmen Kaiser aus ist der Flugplatz Kufstein immer erreichbar.

Und von südlich des Unterberghorns, vom Stripsenjoch bei einigermaßen vernünftiger Höhe, vom Niederkaiser und vom Gaudeamusbart aus sollte immer der Flugplatz St. Johann/Tirol in sicherer Gleitreichweite sein.

 

Kaiser - Hohe Salve

Vom Kaiser aus ist die Hohe Salve, der kegelförmige westliche Eckberg des südlich des Ellmauer Tales gelegenen Gehügels, nicht zu übersehen. Sie ist ein sehr guter Thermikberg, deshalb tummeln sich dort auch jede Menge Gleitschirme und Drachen. Sollte man sie nicht über Gipfel erreichen, dann ist das besagte Gehügels thermisch auch nicht schlecht.  


Der Niederkaiser (Vordergrund) und der Wilde Kaiser,
nach einem Absaufer bei Ostlage vom Flugplatz St. Johann/Tirol 
nach Westen aufgenommen

Absaufer:

Säuft man südlich der Salve ab, frühzeitig das Tal von Hopfgarten über Brixen nach Kitzbühel herausgleiten, dort sowie zwischen Kitzbühel und St. Johann gibt es Wiesen.

Nördlich ins Ellmauer Tal abgesoffen, sollte man ebenfalls Richtung St. Johann gleiten.

 

Hohe Salve - Wildschönau - Zillertal

Von der Salve aus quert man über Hopfgarten mit Südwestkurs zum Feldalpenhorn. Wenn das nicht über Gipfel erreichbar scheint, ist auch das nördlich davon gelegene Markbachjoch eine Alternative. Vom Feldalpenhorn den Abstand zum Inntal halten und etwa parallel dazu die Wildschönau queren. Der Schatzberg (Gruß an Peter O. aus I.) ist ein guter Thermikhügel, ebenso das Wiedersberger Horn. Letzteres liegt schon an der Ostflanke des Zillertals. Nördlich vom Wiedersberger Horn sollte man nicht an die Zillertal-Flanke gehen, denn dort ist sie vom Talwind des Inntals überströmt und damit im Lee.

Absaufer:

Die Wildschönau und das Alpbach-Tal sind nicht landbar, daher rechtzeitig zum Inntal hinausgleiten. Zwischen Brixlegg und Wörgl gibt es schöne Wiesen. Talwind von Kufstein her bedenken! Für Absaufer im Zillertal gilt das weiter oben Gesagte.

 

Zillertal - Kellerjoch

Die Querung des Zillertals vom Wiedersberger Horn aus sollte keine Schwierigkeiten bereiten. Das Kellerjoch geht an der Südseite oder am Westgrat sehr zuverlässig, auch wenn man es nicht ganz über Gipfel erreicht.

Das Kellerjoch liegt schon so gerade eben in der Kontrollzone Innsbruck. Wer ganz korrekt ist, müsste sich also eigentlich fünf Minuten vor Einflug in die Kontrollzone melden und eine Freigabe holen. Wir sind allerdings der Meinung, dass der Controller mehr davon hat, wenn man sich am Kellerjoch erst mal einen vernünftigen Bart sucht und sich dann, vor der Inntalquerung, bei ihm meldet (siehe dort). Schließlich gehen seine Jets und Motorflieger sowieso weit nördlich des Berges in Talmitte raus.

Absaufer:

Gelingt die Talquerung zum Kellerjoch nicht, gibt es im Zillertal genügend große, ebene Wiesen. Im Bereich der Einmündung des Zillertals in das Inntal muss man das Zusammenwirken der Talwindsysteme beachten: Zum einen erzeugt das mächtigere Inntal-System mit seinem Ostwind ein zeitweise recht starkes Lee am nördlichen Ende der östlichen Zillertal-Flanke (siehe Bild). Zum anderen bietet zwar das flache Schwemmland dort große und ebene Wiesen, aber man muss bei Aussenlandungen im Bereich solcher Einmündungen immer mit einem plötzlichen Umspringen des Windes vom einen auf das andere Talwindsystem rechnen. Ratsam ist es daher, wenn möglich eine etwas weiter nach Süden ins Zillertal hinein gelegene Wiese zu suchen, die dann ausschließlich Zillertal-Talwind hat, also aus Norden.

Entscheidet man sich für eine Landung im Inntal, dann möglichst den Bereich der Kontrollzone verlassen und Richtung Osten eine Wiese suchen.

 

Inntalquerung vom Kellerjoch zum Hochnissl

Gängige Praxis ist es, sich am Kellerjoch einen Bart zu suchen, der zuverlässig trägt. Wenn abzusehen ist, dass man bald die Basis erreichen wird, meldet man sich im Funk auf 120,100 MHz. Das läuft etwa so ab:

„Innsbruck Turm, Delta eins zwo drei vier, Guten Tag!“

„Delta eins zwo drei vier, Innsbruck Turm, Servus!“

„Delta eins zwo drei vier am Kellerjoch in 8500 Fuß, erbitte Querung der Kontrollzone zum Hochnissl.“

„Delta drei vier, frei zum Queren, melden Sie Hochnissl.“

„Delta drei vier, frei zum Queren, werde Hochnissl melden.“

Dann fliegt man geradeaus und zügig rüber an die Nordkette. Den Hochnissl haben wir hier nicht zufällig erwähnt, er ist ein recht zuverlässiger Berg und außerdem ist dieser Talsprung der kürzeste, was im beiderseitigen Interesse liegt. Dort geht es weiter:

„Delta drei vier am Hochnissl.“

„Delta drei vier, Sie können die Frequenz verlassen. Servus und einen schönen Flug!“

„Delta drei vier, vielen Dank, Servus!“

Hier an der Nordkette ist man zwar noch in der Kontrollzone, aber in deren Segelflugbeschränkungsgebiet. Das bedeutet: Segelflugzeuge brauchen hier keine Freigabe, Ein- und Ausfliegen muss nicht gemeldet werden, es ist keine Hörbereitschaft notwendig. Ist man allein, schadet es aber nicht, auf 120,100 mitzuhören.

Absaufer:

Nach der Querung orientiert man sich auf jeden Fall Richtung Innsbruck. Dort sind die Chancen recht gut, auch unten heraus noch einen Bart oder zumindest etwas Hangwind zu erwischen. Und wenn nicht, landet man eben auf dem Segelfluglandefeld des Flughafens Innsbruck, welches sich nördlich der Hauptbahn befindet. Vorher wieder mit 120,100 Kontakt aufnehmen.

 

Innsbruck - Landeck und zurück

Ist die Querung über das Inntal gelungen, folgt der einfachste Teil des Fluges. Es geht einfach am Inntal entlang, die heißen Kalkwände schicken reihenweise Thermik herauf. An der Reither Spitze sollte man genug Höhe machen, um die Lücke bei Seefeld zur Hohen Munde hinüber problemlos überspringen zu können. Von dort aus geht es die Mieminger entlang. Dann lohnt sich fast immer der kleine Sprung hinüber zum Tschirgant, einem merkwürdig geformten, steilen Rücken, der ganz allein mitten im Inntal herumliegt und häufig den besten Bart des Tages liefert. In direkter Verlängerung folgt ein ähnlich einzeln mitten im Tal gelegener Hügel, der Venetberg. Auch er ist thermisch nicht schlecht, aber man sollte tunlichst über Grat ankommen. An seinem südwestlichen Ende steht ein Sendemast, der Krahbergsender, den man als Wendepunkt benutzen kann. Dann zurück über Venet und Tschirgant; dort ist etwas Höhe nötig, um an den Miemingern nicht zu tief in den Kalkwänden anzukommen. Von der Hohen Munde aus quert man die Lücke an die nach Westen offenen Waldmulden östlich von Seefeld, wo ein sehr zuverlässiger Bart bis spät abends steht. Von hier aus geht es dann die ganze Nordkette an Innsbruck vorbei bis zum Achensee meist problemlos und zügig entlang, solange man über Grat bleibt.

Absaufer:

Östlich von Seefeld auf jeden Fall zum Flughafen Innsbruck (Funkkontakt!), westlich davon und bis zum Tschirgant bietet das Inntal genügend Wiesen. Die Umgebung des Venetberges ist bis auf die beiden Wiesen bei Imst und bei Landeck allerdings schlecht, hier also hoch genug bleiben und im Zweifelsfalle nach Osten rausgleiten.

 

Vom Achensee zum Kufsteiner Hang und nach Hause

Häufig steht über dem Rofan abends die letzte Wolke mit einem oft erstaunlich guten Bart. Von dort aus gleitet man über dem Pendling entlang nach Osten, quert die Stadt Kufstein und gelangt am sog. Kufsteiner Hang, der Nordflanke des Zahmen Kaisers, in den Hangwind, den der von Norden aus dem Flachland heranströmende Talwind des breiten Inntals dort verursacht. Wegen der Trägheit des mächtigen Talwindsystems funktioniert das auch noch bis lange nach Thermikende.

Wenn man nicht mehr über dem Rofanklotz ankommt und schon am Achensee zum Inntal hin ausweichen muss, genügt die Höhe häufig trotzdem, um den Kufsteiner Hang zu erreichen. Allerdings fliegt man dann lieber in Talmitte über dem Fluss, um vielleicht schon ein wenig Abendthermik nutzen zu können. Irgendwann sinkt man von oben in die Schicht des Talwindes hinein und hat man von einer Minute auf die andere um 20 km/h Gegenwind. Es ist zwar gerade dieser Wind, der den rettenden Hangwind am Zahmen Kaiser erzeugt, aber er macht die letzten Kilometer über die Stadt noch einmal spannend.

An guten Tagen trägt der Kufsteiner Hang von ganz tief unten heraus, aus 300 Meter über Grund (800 m MSL) erreicht man häufig noch den Aufwind.

Wenn der Hang geht, dann geht er eigentlich immer bis mindestens zum Grat hinauf, und die Höhe genügt locker über den Walchsee und durch den Klobenstein bis nach Hause.

Absaufer:

Außerhalb der Kontrollzone Innsbruck, also ab Jenbach nach Osten, kann man an vielen Stellen im Inntal landen. Talwind bedenken! Wenn der Anflug zum Kufsteiner Hang knapp wird, dann ist die sicherste Variante natürlich, die Stadt nicht mehr zu überqueren und gleich auf dem Flugplatz Kufstein zu landen. Funktioniert der Hang nicht, sollte man nur dann zum Flugplatz zurückfliegen, wenn die Höhe sicher für die Querung der Stadt und für die Platzrunde reicht. Wenn nicht, dann gibt es direkt unterhalb des Hangs große Wiesen; eine davon war früher der alte Kufsteiner Flugplatz.

Den Endanflug nach Hause tritt man natürlich nur an, wenn die Höhe reicht. Trägt der Hang einfach nicht hoch genug, dann ist es wesentlich sinnvoller, auf dem Kufsteiner Platz zu landen, als eine Außenlandung auf der Kössener Wiese zu provozieren.

Ist man aber schon in Kössen und der Durchflug durch den Klobenstein erscheint knapp, dann natürlich, wie gehabt, lieber die sichere Kössener Wiese nehmen, als einen Krampfanflug riskieren.

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Copyright Text (C) 2003 by Jan Lyczywek, Karten BEV, Photographien Detlev Hoppenrath.
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